Meine 15 Tablet-PC für die Berufsschule #opco12

Ende Mai dürfen wir Lehrer in der Berufsschule Wunschzettel schreiben. Diese Wunschzettel enthalten Neuanschaffungen, die im nächsten Schuljahr (vielleicht, unter Umständen und eventuell, falls es das Budget zulässt und nicht andere dringende oder länger aufgeschobenene Anschaffungen notwendig werden) genehmigt werden könnten. Wer jetzt denkt, wir sind im Paradies, dem sei dasselbe wie den Kindern zu Weihnachten gesagt: „Nicht alles, was Du auf den Wunschzettel schreibst, das bekommst du.“ (Ich brauche im Jahr 2012 nicht zu erwähnen, dass unser Budget nicht gerade üppig ist, oder?)

Aber so als Idee, als einen Wunsch ans Christkind wünsche ich mir 15 Tablet-PCs für eine Gruppe, in einem schönen Koffer, fertig zum Austeilen im Englisch- bzw. Wirtschaftskunde-Unterricht oder auch in Politischer Bildung. Ipads übersteigen unser Budget. Deshalb habe ich beispielsweise mit dem Kindle-Fire kalkuliert. Das gibt es zwar bei uns (noch) nicht, wird aber hoffentlich mit einem ähnlichen Kampfpreis wie in den USA von ungefähr EUR 200,00 pro Stück verkauft werden. Diese Preisklasse ist am ehesten vorstellbar, billiger wird’s vermutlich demnächst nicht gehen.

Spontan würde ich mit den Tablets folgendes machen:

  1. Quizlet nutzen: Auf meiner To-do Liste für nächstes Jahr steht, zusammen mit den Textverarbeitungs-Lehrern die Standard-Vokabel aller Lehrgänge von den Schülern erfassen und von den Lehrerinnen und Lehrern reviewen zu lassen und dann in quizlet einzupflegen. Schülerinnen und Schüler könnten dann mit ihren Smartphones und eben den Tablets die Words lernen.
  2. Wörterbuch: Ich schlage so gut wie nie im Offline-Wörterbuch nach, weil sowohl Geschwindigkeit, Aktualität, Preis und auch der Komfort und Service von Online-Wörterbücher unschlagbar sind.
  3. Kindle-App: Wir haben zwar nur 40-Stunden Englisch im vollgestopften Lehrgangsunterricht, aber ein paar zu lesende Buchseiten könnten wir da und dort schon einbauen. Unter Nutzung der Kindle-App inklusive Wörterbuch inklusive Sprachausgabe lassen sich vielleicht einige Schüler dazu hinreißen, auch außerhalb der Berufsschule zu lesen.
  4. Wikipedia-Recherche: Mit der Wapeida-App könnten in Politischer Bildung und in Wirtschaftskunde akkurate Informationen erarbeitet werden.
  5. Zeitungs-Apps: Das Gleiche gilt für aktuelle Nachrichten.
  6. Umfrage-App: Abstimmungen, Fragen und Feedback von Schülerinnen und Schülern, beispielsweise wie mit ARSnova, hier in frawadis Blog-Beitrag beschrieben.
  7. Lernzielkontrollen-App: Kurze, knackige Stundenwiederholungen mit Hilfe der Tablets inklusive automatischer Punktevergabe, Aufzeichnung der Lernschwächen und Weitergabe dieser (individuellen) Lernschwächen an den Lehrer bzw. der Lehrerin. Eine App dazu ist mir nicht bekannt, vielleicht gibt’s (bald) irgendein mobile-Moodle-Plugin?

Wie gerufen kamen zu diesem Thema die letzten beiden OPCO12-Sessions „Mobile Apps“ und „Tablet Computing„. Danach sah die schöne, neue Tablet-Unterrichtswelt nicht mehr ganz so wundervoll aus. Näher durchdacht, ergeben sich bei der Nutzung von Tablets neben der prekären budgetären Situation auch einige andere „Details“.

  1. Tablets sind „personal devices“. Das heißt: Normalerweise sind sie für genau einen User eingerichter, der von dort seine Mails abholt, Facebook-Status-Updates macht und twittert. Kann sein, dass ich mich irre, aber ein User-Wechsel in Android geht über „Konto entfernen“ und wieder neu anmelden. Was mit Bezahlt-Apps dabei passiert, habe ich nicht ausprobiert. Ich frage mich, ob die danach noch verfügbar sind? Alternativ könnte für ein Tablet ein Standard-Google-Account eingerichtet werden, also Tablet01 bis Tablet15.
  2. Dazu hätten wir ein noch ein ganz anderes, triviales Problem: Wenn wir kostenpflichtige Apps benötigen würden, dann bräuchten wir eine Kreditkarte. Ich glaube nicht, dass die Verwendung eines so modernen Zahlungsverfahrens in der Schulorganisation ohne Hürden möglich wäre 😉
  3. Kommen wir zur Wartung der Tablets: 15 Stück würden ja noch machbar sein. Aber ich frage mich, welche Hard- und Software benötigt wird, wenn bei einigen hundert Tablets der Akku zu laden ist oder Apps zu installieren sind. Bei 15 Stück ist das ja noch einigermaßen überschaubar, aber trotzdem aufwändig. Wie verhält sich ein PC-Netzteil, wenn wir mittels einiger USB-Hubs alle anhängen? Mein ipad@home lädt ja nicht mal, wenn ich es am leistungsstarken Home-PC anschließe…
  4. WLAN: Wir haben in der Schule ganze zwei WLAN-Router. Einer für die Lehrer, der deckt das Konferenzzimmer und 3-4 Klassenzimmer ab und einen für unsere Notebook-Klasse. Riecken hat neulich beschrieben, dass ein ordentliches WLAN doch etwas aufwändiger aufzubauen ist und einiges an Anschaffungskosten verursacht. Die Tablets sollten ja in allen Klassen einsetzbar sein, ansonsten könnten wir ja gleich einen unserer 5 EDV-Räume (bei insgesamt 9 – 11 anwesenden Klassen) belegen, das wäre dann einfacher.

Was wir also für einen Tablet Einsatz in der Schule brauchen, ist folgendes: (Hinweise mit Link, dass es das alles schon gibt, nehme ich dankend entgegen und werden mit mindestens vier lobenden Erwähnungen geahndet)

  • Eine Netzwerk-App, mit der x-Tablets installiert, verwaltet, überwacht und gesperrt werden können. (Sowas wie Air-Dropper, nur eben für Geräte-Gruppen).
  • Eine Image-Installation, wenn ein Tablet mal absäuft.
  • Die Möglichkeit, Apps zu kaufen und auf eine Geräte-Gruppe zu verteilen. Bitte mit Mengen- und Bildungsinstitutionen-Rabatt.
  • Einen Auflade-Kasten, so ähnlich wie es den für Notebooks gibt: Tablets rein in den Kasten und die laden dann bis zum nächsten Einsatz auf. Aber bitte mit intelligenter Aufladefunktion.

Für uns als Schule wäre es daher einfacher, zu einer BYOD-Politik überzugehen. Keine Tablets kaufen, sich nicht um die Wartung kümmern. Ja, nicht einmal WLAN wäre notwendig, weil meist ausreichend Datenvolumen in den Mobile-Verträgen inkludiert ist. Meist…

Die Abwälzung der Kosten auf die Schülerin bzw. den Schüler wäre bequem. Aber auch dieses Vorgehensweise bringt einige Nachteile, die Charlie Osborn schön zusammengefasst hat.

Was tun? Gehen wir zum Ausgangspunkt zurück: Die ersten Ideen, die ich mit den Tablets realisieren wollte, aus der Sicht meiner analogen Kolleginnen:

  1. Quizlet nutzen: „Du sollst sowieso nicht Vokabeln lernen lassen. Verkaufsgespräche, Texte, Phrasen. Aber keine Vokabeln!“
  2. Wörterbuch: „Ich lasse sowieso keine Wörterbücher in meinem Unterricht verwenden. Die sollen mich fragen“ oder „Die Schüler sollen ruhig mal nachschlagen. Das ABC üben. Die können das nämlich nicht mehr.“
  3. Kindle-App: „Bücher lesen? Im Unterricht in der Berufsschule? Wir kommen ja so kaum mit dem Stoff durch! Spinnst Du? Und außerdem: Was ist Kindle?“
  4. Wikipedia-Recherche: „Wikipedia stimmt nicht. Da kann jeder alles reinschreiben. Und dann haben wir diese Wikipedia-Referate, wo die Schüler das, was sie sagen nicht mal selber verstehen.“
  5. Zeitungs-Apps: „Es gibt ZIS (Zeitung in der Schule). Die kannst Du bestellen. Da haben sie was in der Hand und können was ausschneiden und aufkleben. Das ist dann was für die haptischen Lerntypen.“
  6. Umfragen-App: „Du könntest die Schüler auch die Hände heben lassen. Oder fragen. Die sitzen ja direkt vor dir.“
  7. Lernzielkontrollen-App: „Die Schüler können sowieso nicht mehr schreiben, da sollen sie wenigstens bei der Lernzielkontrolle schreiben.“ oder „Ich möchte aber mündlich prüfen, weil ich will nachfragen.“

Ja. Hm. Was nun?

Vielleicht ein paar best-practices Beispiel sammeln, beispielse hier bei Andreas Hofer.

6 Gedanken zu “Meine 15 Tablet-PC für die Berufsschule #opco12

  1. Ich will mir hier nur das Gegenargument zur Umfragen-App vornehmen: Entscheidend ist doch die Anonymität, d.h. die Schüler können sanktionsfrei antworten, d.h. falsche Antworten sind ok und sorgen für einen angstfreien Lerneffekt ohne Beteiligung der Amygdala.

  2. Tablet PCs sind keine Tablets.
    Die schicken kleinen Teile mit den vielen Apps sind zwar gut und schön, wenn es um Konsum geht, aber so richtig zum Arbeiten braucht man einen PC mit vernünftiger Bedienung.
    Ich arbeite seit Jahren mit Windows Tablets und verwende OneNote, das wirklich alles für Lehrer und Schüler bietet.

    Nachdem nun eine neue Serie von Windows Tablets kommen wird (wahrscheinlich sogar mit 200€ Preisschild) ist das vielleicht eine überlegenswerte Alternative.

    Schöne Grüße aus Österreich

  3. Deine Argumente kann ich nur bestätigen, als ich deinen Beitrag gelesen habe, glaubte ich fast, ich hätte es selber geschrieben. 😉

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